Bis gestern noch
da sangen früh erwachte Vögel
ein neues Licht
in jeden morgendlichen Himmel.
Doch heute schon
da rufen in der Dämmerung die
grauen Krähen
nach dem Zwielicht und wollen,
daß es bleibe.
Heute schon da streifen Schatten
durch die Straßen
und suchen sich verborgne Winkel,
in denen sie
in kalten Zeiten schlafen werden.
Zeitig
Im Februar
Wir sind
in diesen Zeiten nicht mehr als
die Schatten
unserer selbst und wagen es doch,
am aschfahlen
Himmel nach einem Funken der Gnade
zu suchen,
wagen diese eine Hoffnung, daß sie,
die wir
insgeheim unsere Königin nennen,
sich gewandet
in seidenes Licht und bald vor uns
treten und
sagen wird :“Ihr, meine Kinder !“.
Wache halten
Und ist mir auch bewußt,
daß Nacht
und Tod gleich unvermeidlich sind,
fürchte ich mich
doch vor jeder Art der Finsternis
und halte Wacht.
In Büchern, die ich in den stillen
dunklen Stunden
lese, bewahrt sich mir die Welt,
und schreibe ich,
dann weiß ich sicher, daß ich noch
nicht verloren ging.
Lichtverhältnisse
Ich fürchte sehr die Tage
mit ihrem
selbstverständlichen Licht,
die doch
von mir fordern, daß ich
wisse, zu
reden, zu lieben, zu sein.
Gütiger scheint mir die Nacht
mit ihrem
Dunkel aus Fragen, aus Zweifeln,
aus Angst,
das mich treibt, daß ich in mir
das eine, ganz
eigene Licht zu suchen beginne.
Winter
Still ist mein Herz :
ein Winterwald,
und all meine Träume
sinken nieder,
als fiele dicht und
leise Schnee.
Alles ruht nun, alles,
alles schweigt.
Phantomzeit
In dieser einen
ungezählten Stunde
da schien’s,
als wärst Du bei mir
und liebtest
alles, was ich bin.
In dieser einen
widerrufenen Stunde
da schien’s,
als wäre mir das Glück
vergönnt, und
alle Sehnsucht schwieg.
Septemberkind
Ich bin auf diese Welt
gekommen,
da zogen erste kalte Winde
über’s Land,
da sangen Regentropfen mir
ein Wiegenlied,
da stand ein Mond ganz sehnsuchtsleer
am Himmel,
da sprachen Blätter leise schon
vom Tod.
Ich bin als ein Septemberkind
geboren,
das nun schon viele Winter
überstand.
Ende August
Einmal noch Sommer :
Licht rinnt
honigfarben vom
Himmel wie aus einem
schimmernden Glas
und legt sich
klebrig glänzend auf
Wege und Bäume.
Ich aber beginne, müde
zu werden,
so wie das Jahr.
Juni
Wie eine Ahnung des Sommers
sind diese Tage
mit blassen Farben auf Seide
gemalt, und an
ihren Rändern zerfließen ganz
sanft alle Stunden.
Anfang Mai
Die Sonne ist noch unentschieden
und bleibt nicht lange,
doch in den Bäumen brodelt wild
schon aufgeregtes Grün.
Die ersten Blüten sind bereits
gefallen und trieben
dann in einer warmen Windbö fort.
In den Nächten aber
senkt sich aus endlos leerem Himmel
Kälte, und jede Seele,
die sich schon in einem schönen
Traum erheben wollte,
legt sich still noch einmal nieder :
wartet zitternd, friert.