Nicht vorschnell
schreib nieder das Wort :
erst muß es
reifen im Schweigen und
sich nähren
von Herzblut und Welt,
muß Wurzeln
ausbilden im Dunkeln.
Denn nur dann
kann es sich behaupten
in all den
Stürmen der Zeit und
kann blühen.
Meta
Programm
Ich schreibe mich
in tausend Rätseln,
denn es muß niemand
wissen, wer ich bin,
schreibe jedes Wort,
als sei’s ein Spiegel,
in dem man vielleicht
sich selber findet –
vielleicht auch nur
ein Bild der Welt.
Späte Ernennung
Abgeworfen
von seinem Roß
fällt er
aus sternstillem
Himmel, mit
ihm seine Sprache
wie silbern
blitzende Flecken.
Er sucht nun
unter Büschen und
Ranken die
verlorenen Worte,
um über Dornen
und über seine Wunden
zu schreiben.
Man wird
ihn fortan wohl
einen Dichter nennen.
Erst jetzt.
Lesungen
Laut zu lesen,
was ich in stillen Stunden schrieb,
das heißt,
Zaubersprüche sagen, die mich verwandeln
in einen,
der für mich stets ein Fremder bleibt.
So entsteht
ein großes Unbehagen, denn es scheint mir,
als verriete ich
damit die Nacht, mein Wort und auch
mich selbst.
Und die, die um des Hörens willen kommen,
die bleiben
unbeirrt doch ihrem Traum verhaftet von
einem Dichter
und den Gedichten, die er für sie schrieb.
Gnade
Der Winter
ist eine Gnade.
Weite Flächen
aus Schnee
sind das Papier
meiner Zeit,
auf das ich mein
Innerstes schreibe.
Ist es
nicht eine Gnade,
zu glauben,
die Worte würden
einmal tauen
hinein in die Welt
und dort
ihr Teil sein –
für immer ?
Appell
Vertraut all jenen,
die schreiben,
die jedes Wort in die
dunklen Gewölbe
der Seele tragen, bis
sie wiederhallen
von ungezählten Stimmen
der Dunkelheit.
Vertraut jenen, die
die Tage mit sich tragen
in ihre Nacht
und in der Erinnerung an
Sonnenstrahlen
still zu Asche verbrennen,
denn wissen sie
nicht um sich und die Welt ?
Vertraut all jenen –
und fürchtet Euch nicht !
Wetterleuchten
Meine Gedichte
wie ein Wetterleuchten,
geschrieben auf
einen dunklen Himmel :
Meine Seele ist
ein Ort
in der Ferne.
Verhangen
Nichts zu sagen.
Die Wörter ineinander
geflossen, ein
wolkenverhangener Himmel,
anwesend, still.
Ein Licht muß kommen –
oder ein Schmerz.
Ein Gedicht lesen
Sich eng schmiegen
an die fremde Haut
der Wörter,
sich tragen lassen
von einem anderen Atem.
Nicht den eigenen
Herzschlag
unterscheiden können
vom fremden.
Für einen Wimpernschlag
spüren : dies ist
ein Augenblick der Liebe.
Ein Gedicht schreiben
Einmal mehr will ich
mich fallen lassen –
wie damals als Kind –
rückwärts ins Weiße
und etwas schreiben,
das mehr zeigt als
nur das eigene Abbild :
ein Gedicht wie einen
jener Engel im Schnee.