Wie eine Ahnung des Sommers
sind diese Tage
mit blassen Farben auf Seide
gemalt, und an
ihren Rändern zerfließen ganz
sanft alle Stunden.
Monat: Juni 2015
Agens
Meine Mühen,
wieder und wieder Worte
zu finden
für das Sterben in mir und
um mich herum,
lassen sich begreifen als der
einzig mir
mögliche Akt einer Rebellion.
Allein aus ihm
begründet sich meine Hoffnung
auf Zeit.
Nachrufe
Stiller ist mein Haus geworden,
denn viele,
die so lange mit mir waren,
sind nun fort.
Es verweilen nur ein Buch, ein
Bild, und
ganz leis‘ in meinen Träumen
verklingt
eine mir liebgewordne Melodie.
Mir bleibt nur,
ihnen allen nachzurufen, daß ich
ihnen
dankbar bin und weitergehe auf
den Wegen,
die sie mir einmal zeigten,
bis dann
die Zeit gekommen ist, da ich
ihnen
auch ins Dunkel endlich folgen muß.
Mahnung (Colchicum autumnale)
Wenn im Herbst alle Wiesen
zu dunklen, tiefen Meeren werden,
treiben Blüten still auf ihren
Wogen bis an den Rand der Zeit,
sind abendhimmelfarbene Worte,
hineingesetzt ins Schweigen,
und erzählen leise Dir vom Tod.
Wohlmeinender Rat (Urtica urens)
Geh auf den Wegen,
die Dir vorgezeichnet sind,
so sagten sie,
such Dir nur Ziele, die für Dich
erreichbar sind :
Das weite Feld, die grüne Wiese
bleiben unser !
Doch ich glaubte ihnen nicht, und
am Wegrand schon
verbrannte mich die Welt.
Abschiedsszene (Dezember)
Durch offene Fenster
ist die Nacht gekommen und
wird auf ewig bleiben.
Dein Antlitz ist gefroren
so wie auch draußen
in den Zweigen jede Zeit.
Ich gehe still und
atme erste Dunkelheit.
Ich muß begreifen lernen :
Mein Erbteil ist der Tod.