Wir wachsen namenlos
ununterscheidbar.
Und wenn ein Wind weht,
sind wir Gebet.
Wir wollen Eurer gedenken,
denn Ihr habt geträumt,
besonders zu sein,
und wart doch wie wir.
Monat: Oktober 2014
Unvermeidlich (Convolvulus sabatius)
Wäre ich eine Pflanze,
ich blühte.
Hinausgetrieben aus
Dunklem
finge ich Licht
in blauen Sehnsuchtskelchen,
denn ich
könnte nicht anders.
Der, der ich bin, aber
schreibt –
von Blumen, die nichts
anderes sind
als Spiegelbilder des Himmels,
denn er
könnte nicht anders.
Brand (Nicotiana tabacum)
Mir wird die Zeit verbrennen.
Und doch :
An jede Stunde will ich Feuer
legen,
will trinken ihren süßen, bittren
Rauch.
Es wird die Zeit verbrennen
und ich mit ihr.
So wird nur wenig andres bleiben
als Brandgeruch
und Asche, die schon bald verweht.
Labyrinth (Rosa ‚Baccara‘)
Ich will mich Dir sagen
mit blütenblättrigen Worten :
rotsamten, dunkler werdend
der Tiefe entgegen.
Dir nur will ich mich sagen,
bis Du mich findest –
im Innersten einer Rose,
allein.
Abschied (Aster laevis L.)
Kalt ist’s geworden,
und auf Dein Grab
sind zwei Sterne gefallen.
Längst alte Wunden –
dunkelhellila – haben sie
beim Sturz rot
in den Himmel geblutet.
Kalt ist’s geworden,
und es scheint mir besser,
wenn ich nun geh‘.
Das Wort „dunkelhellila“ entstammt dem Gedicht „Kleine Aster“ von Gottfried Benn.
Ein Gedicht lesen
Sich eng schmiegen
an die fremde Haut
der Wörter,
sich tragen lassen
von einem anderen Atem.
Nicht den eigenen
Herzschlag
unterscheiden können
vom fremden.
Für einen Wimpernschlag
spüren : dies ist
ein Augenblick der Liebe.
Ein Gedicht schreiben
Einmal mehr will ich
mich fallen lassen –
wie damals als Kind –
rückwärts ins Weiße
und etwas schreiben,
das mehr zeigt als
nur das eigene Abbild :
ein Gedicht wie einen
jener Engel im Schnee.
Zeit (Gypsophila paniculata)
Immer wieder Tage
wie weiße Blütentupfen,
immer wieder Jahre,
die behutsam Fäden spinnen.
Schleier webt die Zeit :
der Schmerz scheint linder.
Himmel über C.
Für V.
Ich denke mir
den Himmel blau
und träume mir
die Wolken fort.
Ich denke mir,
ich bin verliebt.
In jedem Himmel
mischen sich
die Wirklichkeit
und schöner Traum.
Mauerblümchen (Linaria cymbalaria)
Es haben doch nur die Steine
mir Obdach gewährt,
und nur die Winde lernten,
zärtlich zu sein.
Für sie will ich blühen :
allein.